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Heinrich von Herzogenberg:
«Die Erntefeier» op. 104

Zur Aufführung in Bielefeld am 5. November 2000
 

Kunstvolle Musik

Zweifellos gehört der Leiter des Bielefelder Studiochors, Martin Fugmann, zu den besonders fähigen Dirigenten, die sich nicht den üblichen Programmklischees fügen. Wieder einmal ist dieser exzellente Chormeister fündig geworden mit einem Werk von Heinrich von Herzogenberg (1843-1900): "Die Erntefeier", ein Kirchenoratorium.
 
Herzogenberg gehörte zu dem Freundeskreis um Brahms, der eine starke Affinität zu seinem Vorbild entwickelte, ihm als einem musikalischen Stammvater folgte und die Nachfolge der musikalischen Romantik in der satztechnischen Kunst erfolgreich bewies. Durchweht sind Herzogenbergs Chorwerke von einem ursprünglichen Gottesbekenntnis und einer Neigung zum Mystizismus.
 
Das von Martin Fugmann und seinem Studiochor aufgeführte "Erntefeier"-Werk zieht den Gemeindegesang mit ein. Volksnah-bildhaft und schlicht in der Aüßerung stellt sich das Oratorium dar. Doch die Musik ist fern aller Künstlichkeit, sie ist ehrlich und engagiert, streng im Ausdruck. [...]
 
Mit der durch Fugmann geleiteten Wiedergabe erlebt man eine hörenswerte Bereicherung.
 
Die Einleitung und Dreiteilung von "Erntefeier" vollzieht sich in einer musikalischen Vernetzung durch immer wieder auftauchende Motivfloskeln. Poetisch sinnvolle und musikmalerische Kontraste, reiche Kontrapunktik, pastorale und idyllische Stimmungskreise wechseln einander ab, wachsende auftürmende Schichtungen ergeben mit der fantasievollen Instrumentierung glanzvolle Höhepunkte.
Martin Fugmann hat seinen Studiochor beachtlich geschult. Damit konnten die satztechnischen Schwierigkeiten, Koloraturen, A-capella-Passagen, die komplizierten Fugen, der ekstatische Jubel und die intensiven Deklamationen der Texte erfolgreich verzahnt werden.
 
Stimm-technisch überzeugte der Wohllaut des Chores, die Biegsamkeit des Tonansatzes - eine überzeugende Wiedergabe war damit garantiert. Ebenfalls mit der Wahl des Solistenquartettes: Monika Frimmers leicht geführter Sopran, Petra von Laers warmfülliger Alt; Carsten Lau bereitete Freude mit seinem mühelos leuchtenden Tenor, und Markus Krauses Bass gab eine abrundende Fülle im homogenen Gesamtklang dieses Quartettes. Allesamt brachten sie die Bedeutung der Gefühle ein. [...]
Martin Fugmann leitete souverän die Umsetzung dieser tückischen Partitur. [...] Eine beachtliche Leistung von ihm und seinen Mitstreitern.
 
Neue Westfälische 7. November 2000
 
 

Heinrich von Herzogenberg:
«Die Erntefeier» op. 104

Zur Aufführung in Bielefeld am 5. November 2000 in Bielefeld
 

Auferstanden aus der Versenkung


 
Auch die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach musste bekanntlich 100 Jahre darauf warten, durch Felix Mendelssohn-Bartholdy aus der Versenkung hervorgehoben zu werden. Heinrich von Herzogenbergs Oratorium »Die Erntefeier«, 1900 anlässlich des Todes des Komponisten zum letzten Mal aufgeführt, teilt nicht nur dieses Schicksal: Die Genialität der Satzkonzeption sowie der inniglich farbenprächtige Duktus der Komposition verfügen über reichlich reizvolles Potenzial, künftig einen festen Bestandteil in der kirchenmusikalischen Auführungspraxis einzunehmen. Diesen Eindruck vermittelt zumindest die engagierte Aufführung durch den Studiochor, der sich unter Leitung von Martin Fugmann dem Werk erstmals nach 100 Jahren wieder annahm.
 
Zum stimmigen Gesamteindruck trugen zweifellos die Wahl des Orchesters und der Solisten bei. Das 1990 durch Studenten der Musikhochschule Detmold gegründete Ensemble »Le Nuove Musiche« widmet sich nicht nur der Wiederentdeckung vergessener Kompositionen, sondern bemüht sich stets auch um eine möglichst authentische Wiedergabe alter Musik in Bezug auf die Instrumentenwahl und Interpretation [...]. Darüber hinaus bestachen die Gesangssolisten Monika Frimmer (Sopran), Petra von Laer (Alt), Carsten Lau (Tenor) und Markus Krause (Bass) durch eine werkdurchdringende Interpretation. [...]
 
Erst 1996 wurde die Erntefeier beim Ausräumen des Kellers des Leipziger [Peters] Verlagshauses wiederentdeckt. Mittlerweile hat Rainer Timmermann die Rechte an dem Stück erworben.
 
Das dreiteilige Werk, zu dem Friedrich Spitta den Text aus Bibelworten und Chorälen zusammenstellte, behandelt das Thema Erntedank in einem bemerkenswert weit gefassten Horizont: Nach einem prächtigen instrumentalen Vorspiel und der Einleitung, die den Choral »Nun danket alle Gott« facettenreich wiederspiegelt, widmen sich die folgenden drei Teile den Themen Jugend, Arbeitsleben und Alter. Herrscht im ersten Teil eine heiter sorglose Stimmung vor, schlägt bereits die orchestrale Einleitung des zweiten Teils ernstere Töne an. Chromatische Tonfolgen und verminderte Intervalle malen eine eher düstere Stimmung, die im dritten Teil einer lyrisch romantischen weicht.
 
Intonationssicher und beseelt bewältigte der Chor seinen umfangreichen Part. Hier muss erstaunliche Vorarbeit geleistet worden sein, die dem Werk einen erfrischenden Reichtum bescherte.
 
Westfalenblatt 7. November 2000r 2000
 
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