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Wolfgang Birtel

 

 

Mozart-Uraufführung in Saarbrücken?

 

Eine Mozart-Uraufführung am Neujahrstag 2005 in Saarbrücken? „Jein“ möchte man fast sagen, denn natürlich ist Mozarts Rondo in a-Moll, KV 511, schon vielmals aufgeführt und eingespielt worden. Doch die Bearbeitung dieses Werkes für Solo-Violine und kleines Orchester durch den Komponisten Heinrich von Herzogenberg (1843-1900) erklang im Rahmen eines Konzertes der Saarbrücker „Vereinigung für Musik in der Ludwigskirche“ tatsächlich zum ersten Male, aufgeführt vom Geiger Helmut Haag aus den Reihen des RSO Saarbrücken, dem „Neuen Saarländischen Kammerorchester“ und weiteren Musikern des Rundfunksinfonieorchesters unter der Leitung von Andreas Göpfert.

1787 schrieb Mozart sein elegisch und nachdenklich getöntes Rondo, feingesponnen in der Struktur, mit unerwarteten harmonisch-reizvollen Effekten. Gut hundert Jahr später, 1888 nahm sich der Kompositionsprofessor an der „Königlichen Hochschule für Musik Berlin“ des Kleinods an und schrieb für den berühmtesten Geiger der Zeit (und zugleich Direktor der Hochschule), Joseph Joachim, eine Bearbeitung für Solo-Violine, Flöte, je zwei Oboen, Fagotte und Hörner sowie Streicher. Nach langer Krankheit von Herzogenberg war es das erste Werk, das er abschloss, vermutlich zu des Geigers Geburtstag am 28. Juni 1888: Das Mozart-Rondo war ein Lieblingsstück von Joseph Joachim. Die Bearbeitung durch Herzogenberg lobte er als „wirkungsvolles Arrangement“, und es kam zu einem Durchspielen im Rahmen einer Hochschulprobe. Zur einer Aufführung sollte es dann allerdings – aus welchen Gründen auch ‑ immer nicht kommen, so dass sich Helmut Haag, unterstützt von der Internationalen Herzogenberg-Gesellschaft, des Rondos annehmen konnte. Sie sorgte für ein spielfähiges Orchestermaterial, denn die Bearbeitung liegt nur als Manuskript in Joachims Nachlass in der Staatsbibliothek Berlin.

Die Uraufführung in Saarbrücken machte deutlich, wie sehr Heinrich von Herzogenberg, der dem Brahms-Kreis angehörte und dem wir eine Reihe von klangvollen Kammermusik- und Chorwerken verdanken, die Bearbeitung des Klavierstücks für Solo-Violine mit Kammer-orchester-Begleitung gelungen ist: Dem Solist beschert sie dankbare Aufgaben, die zwar auf technische Brillanz verzichten, aber dem Gestaltungswillen viel Spielraum geben. Die Begleitung hat Herzogenberg farbig ausgeführt: Bläser und Streicher hat er zu Klangblöcken gruppiert und miteinander wetteifern lassen. Kräftige Akzente und Tutti-Wirkungen weiten den intimen Charakter des Klavier-Adagios gelegentlich ins Orchestrale, wenn auch die kammermusi-kalischen Töne dominieren. Das Mozartsche Original dabei bleibt in seiner Substanz durchweg erhalten: Gelegentlich ergänzen ein paar Verzierungen, thematische Motive oder – wie bei der Wiederholung des schönen Dur-Mittelteils – zusätzliche Figurationen. Ansonsten verstärkt Herzogenberg den Satz, splittet ihn auf und reichert insbesondere mit dynamischen Momenten die Partitur an.

Helmut Haag und die Musiker des „Neuen Saarländischen Kammerorchesters“ wie des RSO Saarbrücken unter Andreas Göpfert verhalfen dem Mozart/Herzogenberg-Rondo zu einer stimmungsvollen und klanglich subtilen Uraufführung: Das Werk ist mehr als eine gelungene Adaption, es ist eine Repertoirebereicherung, die sich wiederzuhören lohnt.


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